Multiple Sklerose (MS)

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose – heute ist WeltMStag

Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata) ist eine chronische Erkrankung, an der in Deutschland 240.000 Menschen erkrankt sind. Es kommt zu einer Entzündung des Nervensystems, die dann Nervenstrukturen zerstört. Betroffen von dieser Entzündung können das Gehirn und das Rückenmark sein. Daher kommt auch der Fachbegriff Encephalomyelitis disseminata, den man übersetzen könnte als zerstreute Hirn- und Rückenmarksentzündung.

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Was passiert bei MS

Das eigene Immunsystem zerstört einen Teil der Nervenstruktur, was dann unterschiedlichste Symptome zur Folge hat. Zunächst kann das unbemerkt vom Betroffenen vonstattengehen, doch dann kommt es zu ersten Symptomen wie Gefühlsstörungen (Taubheit, Ameisenlaufen) in den Beinen, Armen oder dem Rumpf, die fleckenförmig auftreten.  Auch eine starke Ermüdbarkeit, Darmentleerungsprobleme, unsicheres Gangbild oder die Tatsache, dass ruhiges Stehen schwerfällt können erste Hinweise auf die Erkrankung sein. Häufig wird MS durch den Augenarzt entdeckt, da die ersten Symptome Sehstörungen auf einem Auge sein können. Es kann dabei zu einem Sehausfall im Blickfeld eines Auges kommen oder auch zu dem Gefühl, einen Schleier über dem Auge zu haben. Manchmal werden auch Doppelbilder gesehen.

All diese Symptome können aber auch andere Ursachen haben. Daher ist es notwendig, zahlreiche Untersuchungen durchzuführen, bevor die Diagnose Multiple Sklerose gestellt werden kann. Auf Gesundheitsgeflüster kannst Du auch lesen, was Multiple Sklerose mit Deinem Darm zu tun hat.

Zum WeltMStag durfte ich ein Interview mit Caroline Régnard-Mayer führen. Sie betreibt den Blog Frauenpower trotz MS, ist also Bloggerin, aber auch Autorin und eine Powerfrau, die versucht ihr Leben trotz MS in vollen Zügen zu genießt.

Frauenpower trotz MS
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Fragen an Caroline Régenard-Mayer vom Blog “Frauenpower trotz MS”

Wann bekamst Du die Diagnose MS? Wie lange hat es gedauert, bis Du nach den ersten Symptomen Deine Diagnose hattest?

Erste Symptome der Multiplen Sklerose hatte ich kurz nach der Geburt meiner Tochter 1995. Sie kam schwer krank auf die Welt und ich habe sie die ersten Jahre ihres Lebens gepflegt. Die Sensibilitätsstörung und Taubheitsgefühle, die ich während dieser Jahre spürte, schob man damals auf den Stress, den ich mit der Pflege meiner Tochter hatte. Ich war permanent müde und erschöpft, aber niemand nahm die Symptome ernst. Ständig wurde ich bei den Ärzten abgewimmelt, bis ich 1998 in die Pfalz umzog und mir ein Neurologe das erste Mal richtig zuhörte. Er war es, der zuerst den Verdacht einer Disseminata (Anmerkung multiple Sklerose (MS) wird auch Encephalomyelitis disseminata genannt) äußerste. Damals konnte ich noch nicht viel mit dieser Aussage anfangen und die Symptome wie Taubheit in den Armen und Beinen kamen immer wieder.

Dann kam mein Sohn auf die Welt. Wie meine Tochter, war auch er seit der Geburt schwer krank. Und mein Mann bekam zur gleichen Zeit einen Tumor. In dieser harten Zeit konnte ich meine Symptome nur ignorieren, um für meine Familie da zu sein. Erst 2004 erhielt ich die Diagnose MS. Zum Glück so spät! Ich hätte sonst die schwere Zeit nicht durchgehalten.

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Was waren Deine ersten Symptome?

Was hatte die Diagnose für Auswirkungen auf Deine Psyche und Dein Leben? Wie hat Deine Umgebung darauf reagiert?

Ich kann bis heute kaum in Worte fassen, was ich nach der Diagnose meiner MS empfand. Drei Ärzte teilten mir den Befund in der Klinik mit und sagten, es täte ihnen leid. Ich war leer, fassungslos, wütend, entsetzt, ängstlich, hoffnungslos, erstarrt, bewegungsunfähig. Doch ich bewegte mich. Ich war mutlos, todunglücklich, hilflos und lächelte für die anderen. Ich wollte schreien, aber mir kam kein Ton über die Lippen. Ich weinte und im nächsten Moment lachte ich. Für meine Kinder spielte ich die Starke, aber innerlich brach ich zusammen, wenn ich alleine war. Etwa so waren der Tag und die Wochen nach der Diagnose.

Als alleinerziehende Mama musste ich trotz der vielen Schübe unseren Alltag komplett neu organisieren und strukturieren. Meine Eltern versuchten tapfer zu sein und unterstützten mich in den ersten Jahren mit den Kindern, wo sie nur konnten. Auch heute sind sie noch für mich da, auch wenn sie jetzt im Alter nicht mehr so können wie sie wollen.

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Wo hast Du Unterstützung gefunden? Welche Deiner Eigenschaften hat Dir bei der Bewältigung Deiner Probleme besonders geholfen?

Ich schloss mich zwei Monate nach der Diagnose einer Selbsthilfegruppe an und bin seit 10 Jahren Gruppenleiterin. Mit Betroffenen zu sprechen und sich auszutauschen, bis heute über meinen Blog und die sozialen Netzwerke, half und hilft mir heute noch. Außerdem machte ich drei Jahre eine Psychotherapie und verarbeitete die Diagnose und mein Leben davor. Heute leide ich immer wieder unter Depressionen, die vielleicht auch von hirnorganischen Veränderungen bei MS führen. Deswegen sind Antidepressiva und eine Psychotherapie seit einem Jahr mein ständiger Begleiter.

Du wurdest dann aufgrund Deiner Erkrankung berentet, war das ein Punkt in Deinem Leben, der Dich besonders getroffen hat? Oder war es eine Erleichterung?

Es war keine Erleichterung sondern eine Diskriminierung, denn warum bekommen Menschen mit einer chronischen Erkrankung vom Staat nicht mehr Unterstützung? Ich musste zwei kleine Kinder ernähren und arbeite geringfügig im Hallenbad, als Bedienung oder sonstige Nebenjobs.

Du bist sehr engagiert, betreibst Deinen Blog Frauenpower trotz MS, arbeitest als Speakerin für Firmen und sicherlich noch einiges mehr. Was ist Dein Antrieb?

Ich betreibe in erster Linie MS-Aufklärung, damit die Erkrankung bekannter wird und die Gesellschaft und Menschen uns besser verstehen kann. Oft sieht man uns die MS nicht an. Der Austausch mit meinen Lesern gibt auch mir Kraft und stärkt mir den Rücken. Deswegen bin ich in den kommunalen Beirat für Menschen mit Behinderungen der Stadt Landau eingetreten, um ein Sprachrohr für Menschen mit Multiple Sklerose zu bekommen. Gerade in diesem Beirat kann in unserer Stadt viel erreicht werden.

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Du bearbeitest Deine Erkrankung unter anderem, indem Du Ratgeber und Bücher schreibst. Was war der erste Schritt oder Impuls zu Deinem Leben als Autorin?

Mein erstes Buch diente zur Verarbeitung meiner Diagnose. Da von Seiten der Leser großes Interesse an einer Fortsetzung bestand, schrieb ich Band 2 und später 3 dazu. Weitere Erfahrungen mit meiner MS konnte ich in meinen Ratgebern weitergeben, informieren und aufklären.

Wir haben schon darüber gesprochen, dass MS auch zu einer Wesensänderung führen kann. Da gibt es natürlich die Emotionen, die die Diagnose jeder chronischen, einschränkenden Erkrankung begleiten, wie Leid, Schmerz, Wut, Zorn und Angst. Aber auch die Wesensveränderung aufgrund der Entzündung im Nervensystem. Wie war das bei Dir und was beobachtest Du bei anderen Erkrankten? Hast Du Tipps, wie der Betroffene und ihre Angehörigen und Freunde damit umgehen können?

Mein Rat an Betroffene

Mein Motto lautet „Also weiter!“ – für mich heißt das, nach vorne zu schauen und nicht zurückzublicken. Es geht immer weiter, egal wie. Positiv zu denken, loszulassen, sich neu erfinden und auf das eigene Bauchgefühl zu hören – das und noch viel mehr wünsche ich den Lesern, allen Mitbetroffenen und ihren Familien.

Ich nahm meine Krankheit an und zwar mit allen Höhen und Tiefen. Dann änderte ich Schritt für Schritt mein Leben; befreite mich von unnötiger Last, auch von Menschen. Neue Hobbies entstanden und Beschäftigungen, wie Bücher schreiben, bloggen, klettern und fotografieren.

Natürlich hast Du das Schlusswort, gibt es noch einen Aspekt zum Thema, den Du gerne mitteilen möchtest?

Wenn ich es geschafft habe – dann schaffst DU das auch!

Herzlichst

Caro

Vita:

Multiple Sklerose Caroline Régard-Mayer
Caroline Régnard-Mayer

Mein Name ist Caroline Régnard-Mayer, 53 Jahre alt und ausgebildete Medizinisch Technische Assistentin. Ich bin geschieden, habe zwei Kinder und lebe mit MS – heute sek. progr. Verlauf. Von aller Welt werde ich kurz nur Caro genannt.

Seit 2018 blogge ich regelmäßig auf Frauenpower trotz MS. Darüber hinaus bin ich Autorin des Buches „Wir haben MS und keiner sieht es!“ – auch gut, und wenn doch, dann ist es auch kein Problem. Hier berichte ich daher über die schwer erkennbaren Symptome der Multiple Sklerose. Ich stehe mit zwei Beinen mitten im Leben und hoffe, das wird noch lange so bleiben. Ich liebe mein Leben trotz MS.

Wir haben MS und keiner sieht es!
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36 Antworten auf „Multiple Sklerose (MS)“

  1. Hallo Annette , ich kenne Caros Blog und finde, Caro ist ein richtiges Stehaufmännchen.
    Ein Interview das Betroffenen Mut macht nicht den Kopf hängen zu lassen sondern die Diagnose MS – Multiple Sklerose aktiv anzugehen – plus Buchempfehlung. Das Buch scheint mir richtig gut zu sein, ich werde es gerne ansehen, liebe Grüße und Danke , Bettina

    1. Liebe Bettina,
      ich bin auch sehr dankbar, dass Caro sich bereit erklärt hat mir dieses Interview zu geben.
      Alles Liebe
      Annette

  2. Danke für deinen Beitrag! Meine Mama leidet selbst jahrelang an MS – für uns ist diese Krankheit also leider ein täglicher Begleiter…
    Meine Mama sitzt seit ein paar Jahren selbst im Rollstuhl, kämpft sich aber immer wieder tapfer nach vorne!
    Es ist eine furchtbare Krankheit 🙁

    Alles Liebe, Katii

  3. Liebe Annette,

    an dich einen herzlichen Dank, dass du so ein interessantes Interview mit Caro geführt hast.
    Und an dich, liebe Caro,
    es war sehr aufwühlend diese Zeilen zu lesen. Die Mutter meines besten Kumpels litt an MS und das war für ihn und seinen Vater eine wirklich sehr schwere und harte Zeit.
    Ich finde es bewundernswert, was du aus deiner Situation gemacht hast und wie du deine Stärke auch an andere weiter gibst.

    Liebe Grüße
    Mo

  4. Huhu,

    danke für dieses offene und ehrliche Interview. Es ist wirklich keine leichte Krankheit und ich ziehe den Hut vor allen die damit leben müssen und kämpfen.

    Ich wünsche dir weiterhin alles Gute!

    LG
    Steffi

    1. Danke liebe Steffi. An manchen Tagen ist es echt nicht leicht aber Betroffene versuchen das Beste daraus zu machen. Hauptsache sie schreitet nur langsam voraus. Zum Glück sind meine Kinder jetzt erwachsen.

      LG Caro

  5. Ich hatte am Wochenende erst einen Werbespot für MS gesehen, unwissend, dass da der spezielle Tag für war! Ich kenne glücklicherweise niemanden mit dieser Krankheit, wünsche sie aber auch niemanden! Allen Betroffenen ganz viel Kraft! Das Interview war sehr bewegend!

    Liebe Grüße
    Jana

    1. Danke liebe Jana,
      28 MS-Blogger haben einen eigenen Film gemacht und viele namhafte Firmen. Dieses Jahr hatten wir die volle Aufmerksamkeit. Morgen kommt der Film auch auf meinem Blog.

      Alles Gute von Caro

  6. Starke Frau! Ein Interview was Betroffenen wirklich Mut machen kann. Ich denke der Austausch ist das Wichtigste. Ich wünsche Caroline alles Gute und weiterhin die Stärke.

    Lg
    Cindy

  7. Ein toller Artikel.
    Er macht Mut, beschönigt aber auch nichts. Zeigt Wege und Möglichkeiten. Eine starke Frau. Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Stärke und Kraft. Aber hoffentlich auch die passende Schulter um mal schwach sein zu dürfen.

    Liebe Grüße, Katja

  8. Eine Freundin hat mit Mitte 20 MS bekommen uns saß nach 9 Moniaten im Rollstuhl. eine andere Bekannte lebt schon viele Jahre damit und ihr sieht und merkt man nichts an. Kann mir selber nur schwer vorstellen, wie es ist, diese Krankheit zu haben und hoffe sehr, davon verschont zu bleiben.

  9. Meine kleine Sister hat MS. Kam erst mit Mitte 40 akut heraus. Es hat sehr lange gedauert, bis sie “gut eingestellt” war. Mehrere Schübe haben sie erwischt. Längere Kuren. Depressionen. Was das mit einem Menschen psychisch macht, ist extrem. Die sonst ausgeglichene kleine Sis wurde zur Berserkerin. Sie hat einfach alle nur noch angeschrien. Es war schlimm. Heute. Heute lebt sie in Frankreich. Neuer ruhiger Job. Neuer ruhiger Mann. Neues ruhiges Leben. Bis dato keinen Schub mehr. Und ich war beim Test. Ich habs nicht. Glück gehabt.

  10. Danke für den Beitrag an Dich und natürlich in erster Linie auch an Caro. Ich selbst habe ebenfalls Menschen mit MS im Freundeskreis und weiß, wie sehr man darunter leidet. Aber auch, wie gut man doch damit leben kann, wenn man sich damit “anfreundet” und sich alle Unterstützung sucht, die man benötigt.
    Viele Grüße
    Sandra

    1. Danke liebe Sandra für deinen Kommentar. Manchen trifft es ja hart und da bin ich immer traurig wenn ich das lese. Aber der größte Teil kann einigermaßen gut damit leben. Mir machen nur die zusätzlichen Depressionen schwer zu schaffen.
      Liebe Grüße Caro

  11. Liebe Annette,
    nochmal herzlichen Dank dass ich Gast bei dir sein durfte. Ich hoffe ich habe niemanden vergessen zu antworten.
    Der WELT-MS-TAG war dieses Jahr etwas großes trotz Corona und ich denke, wir haben viel erreicht.
    Alles Gute und liebe Grüße von Caro

  12. Caro und ihren Blog kenne ich auch schon eine ganze Weile. Sie ist wirklich eine Powerfrau, die ich bewundere!
    Es ist toll, dass sie sich mit den Menschen austauscht und berichtet, wie es ihr mit ihrer MS geht. Ich denke, das hilft vielen und klärt möglicherweise Unwissende auch auf, so wie mich. Vorher habe ich mich nie damit befasst, durch Caro habe ich vieles über MS gelernt, darüber bin ich sehr dankbar!

    Liebe Annette, schön, dass du Caro einen Platz auf deiner Plattform gibst und noch mehr Menschen zu erreichen!

    Alles Liebe an euch beide!
    Michelle

  13. Liebe Anette,
    danke für diesen Beitrag, ich finde dein Interview mit Caro sehr inspirierend und ich denke, dass viele Betroffene von diesem Mut fassen können! Ich kenne Caros Blog ja bereits und bin fasziniert von ihrer ihrem Optimismus und positivem Denken.
    Alles Liebe, Elisa

  14. Hallo Annette,
    jetzt war ich schon öfter auf Caros Blog, aber lese gerade in deinem Interview zum ersten Mal die Hintergründe und wie lange es bis zur Diagnose gedauert hat. Hut ab, wie Caro sich engagiert!

    Mittlerweile habe ich auch so einiges über MS gelernt 🙂 Du hast aber auch die richtigen Fragen gestellt und finde es toll, dass du diese Plattform bietest. Ich finde es trägt viel mehr zum Verständnis bei Betroffene zu Wort kommen lassen, als eine Krankheit zu beschreiben.

    LG Denise

  15. Hallo, eine Arbeitskollegin hat auch MS. Ich hab sie jetzt mal wieder gesehen und war erschrocken, wie dünn sie geworden ist. Sie erzählte etwas von Schüben, wo ich nicht wußte, was das bedeutet. Jetzt kann ich sie mehr verstehen. Danke für den Bericht.
    LG Jasmoh

  16. Meine beste Freundin leidet auch unter MS, wobei man eigentlich sagen muss, dass sie vor der Diagnose unter ihren Lebensumständen viel mehr gelitten hat (behindertes Kind, alkoholkranker Mann usw.)
    Inzwischen hat sie die Krankheit und ihr Leben sehr gut im Griff. Ich bin der Meinung, dass man das wirklich im Alltag nicht merkt, dass sie MS hat.
    Ich habe größten Respekt vor allen Menschen, die sich von ihrem Schicksal, sei es nun Krankheit oder anderen Dingen, nicht unterkriegen lassen. Und was meine beste Freundin betrifft, habe ich größten Respekt vor ihr. Und da ich weiß, wie einen eine solche Diagnose und Erkrankung an MS in ein tiefes Loch fallen lässt, gilt mein Respekt auch an deine Interviewpartnerin.
    LG
    Sabiene

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